Menschen, deren Selbstständigkeit schwerst beeinträchtigt ist, werden nach dem neuen Begutachtungsassessment in den vierten Pflegegrad eingestuft, welcher den zweithöchsten Pflegegrad darstellt.
In diesem Fall benötigt der Pflegebedürftige in hohem Maße Hilfe und Unterstützung im Alltag und bei der Grundversorgung.
Die Beeinträchtigung äußert sich in den einzelnen Fällen höchst unterschiedlich, jedoch kann man davon ausgehen, dass bei körperlichen Gebrechen im Pflegefall 4, der Versicherte in seiner Mobilität stark eingeschränkt ist und die eigenständige Versorgung nicht mehr gegeben ist.
Bei einer psychischen Erkrankung ist es zwar möglich, dass der Patient noch mobil ist, jedoch der geistige Zustand es nicht mehr zulässt den Alltag und die dazugehörigen Tätigkeiten ohne ständige Überwachung, Kontrolle und Übernahme zu bewerkstelligen.
Von Pflegestufe 2 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) und Pflegestufe 3 zu Pflegegrad 4
Pflegebedürftige die vor dem Jahr 2017 in der Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz oder der Pflegestufe 3 eingestuft waren, wurden nach der Pflegereform automatisch in den Pflegegrad 4 übernommen.
Bei einer neuen Beantragung werden sowohl körperlich als auch geistig eingeschränkte Personen mit einer schwersten Beeinträchtigung in den Pflegegrad 4 eingestuft.
Welche Voraussetzungen gelten für den Pflegegrad 4?
Für die Einstufung in den Pflegegrad 4 ist aufgrund der Begutachtung durch den medizinischen Dienst (MDK) eine Punkteanzahl zwischen 70 und 90 notwendig.
Ein großer Teil der Patienten im vierten Pflegegrad hat starke körperliche Probleme, etwa nach Schlaganfällen, durch Lähmungen oder Erkrankungen wie Multiple Sklerose.
Die Grundpflege muss hier meist fast vollständig durch pflegende Personen übernommen werden.
Kognitiv eingeschränkte Personen leiden in vielen Fällen unter Demenz in fortgeschrittenem Stadium.
Die Punktevergabe richtet sich dabei nach folgenden Kriterien:
Je schwerer die Beeinträchtigung ist, desto mehr Punkte werden in den einzelnen Modulen vergeben.
0 Punkte selbstständig |
Der Versicherte ist in der Lage alltägliche Handlungen oder Tätigkeiten ohne fremde Hilfe durchzuführen. |
1 Punkt überwiegend selbstständig |
Der Versicherte ist in der Lage den größten Teil der alltäglichen Handlungen ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Pflegende Personen unterstützen nur in geringen Maßen. |
2 Punkte überwiegend unselbstständig |
Der Versicherte kann alltägliche Handlungen nur noch zu einem geringen Teil selbstständig erledigen. Er ist zunehmend auf eine pflegende Person angewiesen. |
3 Punkte unselbstständig |
Der Versicherte kann alltägliche Handlungen nicht mehr allein ausführen und ist stark an eine pflegende Person angewiesen. |
Die Selbstständigkeit wird in diesen sechs Bereichen geprüft:
Folgende Fähigkeiten werden geprüft und bewertet, wobei jedes Modul in Unterkategorien gegliedert ist und mit unterschiedlicher Gewichtung in die Bewertung mit einfließt.
Mobilität
Im Bereich der Mobilität wird geprüft, inwieweit sich der Versicherte selbstständig oder überwiegend selbstständig fortbewegen kann und ob er bei einfachen Handlungen im Alltag in irgendeiner Weise eingeschränkt ist.
Fähigkeiten in mentaler, kognitiver und kommunikativer Hinsicht
In diesem Bereich wird die örtliche Orientierung und das Kurz- und das Langzeitgedächtnis bewertet. Ebenso wird getestet, ob der Versicherte etwa in der Lage ist Personen aus dem nahen Umfeld zu erkennen oder Probleme in der Entscheidungsfindung im Alltag hat.
Verhalten und Psyche
Hier werden motorische Auffälligkeiten, eventuelle Angstzustände, Aggressionen oder nächtliche Unruhe bewertet. Auch das Beschädigen von Gegenständen sonstige verhaltensbedingte Auffälligkeiten werden beleuchtet.
Selbstversorgung
Hierunter fallen alle alltäglichen Handlungen und Tätigkeiten, die die eigene Versorgung und Pflege betreffen, etwa das An- und Auskleiden, das eigenständige Zubereiten von Mahlzeiten und die tägliche Körperpflege.
Umgang mit Belastungen und Anforderungen einer Krankheit
In diesem Bereich wird untersucht, in welchem Maße der Versicherte fähig ist, sich im Falle einer Krankheit selbst zu versorgen. Hierzu zählen etwa die eigenständige Medikamenteneinnahme, die Messung von Körperzuständen, wie Blutzucker oder ähnliches sowie die selbstständige Verabreichung von Injektionen.
Alltag und soziales Umfeld
Hier liegt das Hauptaugenmerk auf der Fähigkeit der selbstständigen Freizeitgestaltung, der aktiven Interaktion mit dem sozialen Umfeld und der Bewältigung des täglichen Lebens.
Tipp: Berechnen Sie hier mit dem kostenlosen Pflegegradrechner online Ihren Pflegegrad.
Leistungen der Pflegekasse für Pflegegrad 4
Personen mit einem anerkannten Pflegegrad 4 haben Anspruch auf Pflegeleistungen in der Höhe von bis zu maximal 47.892 Euro jährlich.
pixabay - Alexas_Fotos
Pflegegeld
Wird der Pflegebedürftige im Pflegegrad 4 von Angehörigen oder bekannten privaten Personen im heimischen Umfeld versorgt, besteht Anspruch auf Pflegegeld in Höhe von 728 Euro pro Monat.
Pflegesachleistungen
Wird die Betreuung und Pflege des Patienten von gewerblichen professionellen Pflegekräften, etwa einem ambulanten Dienst, durchgeführt, zahlt die Krankenkasse monatlich 1.298 Euro.
Die Pflegesachleistungen werden direkt mit dem Pflegedienst gegengerechnet und gehen nicht über das Konto des Versicherten. Die Pflegesachleistungen werden nach tatsächlichem Aufwand gegengerechnet und müssen daher nicht in voller Höhe ausgeschöpft werden.
Es ist möglich Pflegegeld und Pflegesachleistungen kombiniert zu beziehen.
Tages- und Nachtpflege
Erfolgt die Pflege im Rahmen einer teilstationären Betreuung, wie etwa in einer Tages- oder Nacht-Pflegeeinrichtung, hat der Versicherte Anspruch auf 1.61 Euro pro Monat.
Vollstationäre Pflege
Bei einer vollstationären Unterbringung in einem Pflegeheim erhält der Versicherte 1.775 Euro pro Monat.
Entlastungsbetrag
Im Pflegegrad 4 hat der Versicherte zudem Anspruch auf einen monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro.
Kurzzeitpflege
Benötigt der Versicherte nach einem Krankenhausaufenthalt oder aufgrund einer Erkrankung vorübergehende Betreuung, stehen ihm 1.612 Euro pro Jahr zu. Die Kurzzeitpflege kann für maximal 28 Tage pro Kalenderjahr beantragt werden.
Nicht konsumierte Leistungen aus der Verhinderungspflege können auf die Kurzzeitpflege angerechnet werden und somit auf bis zu maximal 8 Wochen pro Kalenderjahr und 3.224 Euro erhöht werden.
Verhinderungspflege
Die Übernahme der Pflege durch eine fremde Person kann im Ausmaß von maximal sechs Wochen pro Kalenderjahr beansprucht werden. Diese Verhinderungspflege wird mit einem Betrag von maximal 1.612 Euro pro Jahr unterstützt.
Wird keine Kurzzeitpflege beansprucht, können die Leistungen der Verhinderungspflege auf bis zu 2.417 Euro pro Kalenderjahr erhöht werden.
Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel
Versicherte mit dem Pflegegrad 4 haben Anspruch auf zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel im Wert von 40 Euro monatlich.
Hausnotruf
Der Einbau eines Hausnotrufes werden mit 10,49 Euro für einmalige Anschlusskosten gefördert. Zudem haben Versicherte Anspruch auf einen monatlichen Zuschuss von 18,36 Euro für den Betrieb des Hausnotrufes.
Wohnraumanpassung
Für, aufgrund der Pflegebedürftigkeit des Versicherten, notwendige Umbauten im Haushalt können einmalig bis zu 4.000 Euro geltend gemacht werden.
Die wichtigsten Infos im Überblick
Der Pflegegrad 4 stellt eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit dar und wird mit 70 bis 90 Punkten erreicht.
Pflegegeld |
728 Euro pro Monat. |
Pflegesachleistungen |
1.612 Euro pro Monat. |
Entlastungsbetrag |
125 Euro pro Monat. |
Tages- und Nachtpflege |
1.612 Euro pro Monat. |
Vollstationäre Pflege |
1.775 Euro pro Monat. |
Kurzzeitpflege |
1.612 Euro jährlich, für Pflegeübernahme im Ausmaß von maximal 28 Tagen pro Kalenderjahr. |
Verhinderungspflege |
1.612 Euro jährlich, für Pflegeübernahme im Ausmaß von maximal 6 Wochen pro Kalenderjahr. |
Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel |
40 Euro pro Monat. |
Hausnotruf |
Einmalige Anschlusskosten in Höhe von 10,49 Euro. Monatliche Betriebskosten von 18,36 Euro. |
Wohnraumanpassung |
Einmalig bis zu 4.000 Euro. |
Quellenangaben:
Krankenkassenzentrale
Familienrecht